Sexuelle Gewalt ist alltägliche Wirklichkeit | Eine Erklärung des Projekbereichs „EINE WELT“
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Sexismus ist keine Meinung – Sexismus ist keine Kunst. Gegen einen Auftritt der Band „187 Strassenbande“ auf dem AStA-Sommerfestival der Uni Paderborn am 17. Mai 2018Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) veröffentlichte im März 2014 eine Studie zu Gewalt gegen Frauen. Die Ergebnisse der Erhebung sind sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene repräsentativ.
Eine von drei Frauen (33%) hat nach dieser Studie seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren. Die Ergebnisse zeigen, dass die Frauen zwischen 18 und 29 Jahren besonders gefährdet sind. Also in dem Alter, in dem auch fast alle Studentinnen an der Uni Paderborn sind.
Die Liste von empirischen Untersuchungen zum Thema Gewalt gegen Frauen ließe sich noch lang fortsetzen. Und dann sollte der Headliner des diesjährigen Sommer Festivals an eben jener Uni mit Texten wie diesen Gewalt gegen Frauen rappen:
„Und bevor die Polizei alarmiert wird / Hast du kleine Fotze eine Salve kassiert / Rennst zu dei'm Onkel, wird's zu heiß in der Küche/ Eins-gegen-Eins und ich reiß' dich in Stücke Jungs an mei'm Tisch, keiner der aussagt / Die Frau, die ich ficke, ist ein Neunziger Baujahr Und weil ich so Erfolg bei den Frau'n hab / Ist Putzen und Blasen für heute ihr Auftrag“
Es ist ja in den verschiedenen Stellungnahmen betont worden, dass diese Texte nicht nur eine frauenfeindliche Verrohung der Sprache darstellen, sondern, dass solchen Texten durchaus auch tatsächliche sexuelle Gewalt gegen Frauen vorausging und/oder ihnen folgt. Die Liste der Rapper in den USA, die wegen solcher Gewalt verurteilt wurden ist lang. Es ist darüber hinaus erschreckend, dass gerade diese Form der „Authentizität“ die Verkaufszahlen noch oben schnellen lässt.
Im August 2017 schrieb Craig Jenkins dazu in der Vulture: „Wir sind es den Frauen schuldig, die sagen, dass sie von diesen Künstlern verletzt wurden, dass solchen Künstlern kein Platz mehr in Interviews gegeben wird, um ihre Anklägerinnen zu verspotten. … Das derzeitige Klima, einfach mehr Geld zu scheffeln und dann Rapper mit gefährlichen Tendenzen zu kritisieren und dabei zu hoffen, dass sie sich ändern, ist unhaltbar. Label müssen mehr machen. Fans müssen mehr Charakter beweisen. Wir müssen mehr Fragen stellen. Untätigkeit hat eine Wirkung. Die Geschichte schaut zu.“ Wir gehöten zu denen die die Fragen gestellt haben. Das hatte nun Erfolg
Der Auftritt von „187 Straßenbande“ auf diesem Festival wurde abgesagt und wir hoffen das entsprechende Erkenntnisse langfristig wirken. Wir wollen dennoch einen kleinen Beitrag gegen sexistische Gewalt leisten, indem wir unsere Einnahmen feministischen Projekten unter anderem dem Frauenhaus Paderborn spenden, in dem seit 1980 Frauen und ihre Kinder Schutz vor Gewalt finden.
Wir stellen bei uns am Stand zusätzlich eine Sammelbox auf. Unter dem Motto „Ablass“ werden wir eine alte Tradition der Paderborn so prägenden katholischen Kirche mit unserem Humor aufnehmen und umwandeln. Das in dieser Box gesammelte Geld soll allerdings nicht für patriarchale Prunkbauten ausgegeben werden, sondern im Gegenteil ebenfalls dem Frauenhaus Paderborn gespendet werden.
Stellungnahme MIA und eine Welt zu 187 Straßenbande
Sexismus, Belästigung, und/oder sexualisierte Gewalt, das sind Alltäglichkeiten, die vielen Frauen* tagtäglich passieren. Vielleicht kennt ihr das auch: kaum eine Party, bei der Frau* nicht blöd angemacht, angefasst oder ein Nein nur dann akzeptiert wird, wenn ein (fiktivier) Freund vorgeschoben wird.
Nein heißt nein und #meetoo - Debatten, die vor nicht allzu langer Zeit in Deutschland geführt wurden, haben diese Themen aufgegriffen und sollten zu einem Umdenken bezüglich Sexismus anregen.
Anscheinend ist das nicht in Paderborn angekommen.
Sexismus ist keine Nebensächlichkeit, sondern ein schwerwiegendes Problem, das wir nicht akzeptieren wollen. Nur weil Sexismus und fehlende geschlechtliche und sexuelle Diversität in der Deutschen Hip Hop Szene "gänging" sind, heißt das nicht, das eine Band, die in ihrem Auftreten all das vertritt, beim Sommerfestival auftreten sollte. Und wie ernst die Texte jetzt gemeint sind, ist am Ende des Tages völlig egal. Gesagt ist gesagt, egal ob aus Überzeugung oder für die Street Credebility. Eine Kultur kann nicht gleichtberechtigt sein, wenn in öffentlichen Diskursen immer wieder bestimmte Gruppen degratiert werden.
Wir als Projektbereiche MIA und Eine Welt setzen uns gegen Sexismus, Rassismus, Homo-, Queer- und Transfeindlichkeit ein.
Wir möchten an dieser Stelle keine Debatte darüber führen, warum all diese Themen wichtig sind, warum eine offene und tolerante Gesellschaft unser Ziel und warum eben solch eine Band gegenläufig dazu ist.
Vielmehr möchten wir darüber diskutieren, warum es für viele "okay" und "gut" ist, eine solche Band auf einem Unifestival spielen zu lassen, warum sie Sexismus tolerieren, diesen fördern und damit ein gesamtgesellschaftliches Problem, das immerhin die Hälfte der Bevölkerung betrifft, weg reden und Frauen auf nichts weiter als benutzbare Objekte reduzieren. Dadurch, dass wir solch eine Gruppe engagieren, unterstützen wir ihre Popularität und dienen als eine ihrer Einnahmequellen.
Für die Zukunft fordern wir mehr Diversität - lediglich eine weibliche Künstlerin repräsentiert sicherlich nicht die Gleichheitsgrundsätze der Universität und des Astas. Es gibt positive Beispiele im Hip Hop wie Sokee, eine Künstlerin, die in ihrem feministischen Rap gesellschaftliche Probleme thematisiert (und auch schon in Bielefeld aufgetreten ist) und angefragt werden könnte. Vielfalt ist also möglich.
Eine weitere Stellungnahme aus den Reihen des Projektbereichs
Das Asta-Sommerfestival ein Fest für die „Jungs“?
„Wir fressen Döner und die Capri wird geteilt (gib her!) Danach am Feiern, bin auf Party nicht allein (nein!) Lern' 'ne Schlampe kenn'n, wir nageln sie zu zweit (bam bam bam)“ (Straßenbande 187)
So klingt der diesjährige Headliner des Asta Sommerfestivals. Der Song „Mit den Jungz“ der Band 187 Straßenbande handelt von einer Gruppe von Männern, die im Hip-Hop Business erfolgreich geworden sind und sinnlos durch die Stadt fahren. Dabei werden ganz nebenbei gemeinschaftlich Frauen „gebumst“.
Wem dies noch nicht deutlich genug ist, der höre in den Track „10 Jahre“ hinein, der mit einer Morddrohung gegen eine Frau beginnt. Diese soll eine „Salve kassier[en]“ und wird in Stücke gerissen, bevor sie die Polizei alarmieren kann. Doch auch mit sexistischen Erniedrigungen wird in dem Song nicht gegeizt. So heißt es, dass „Putzen“ und „Blasen“ der Auftrag der Frau sei.
Alles nur eine Frage der künstlerischen Freiheit?
Es scheint mir, als habe man sich an die „verbalen Entgleisungen in der [HipHop] Szene tatsächlich gewöhnt“. Die Erniedrigungen von Frauen scheinen wie eine zwar „irritierende“, aber „weithin akzeptierte Norm“ (Biazza 2017). Ferner berichtet Jakob Biazza in einem Artikel der Süddeutschen, dass im Rap nicht nur geredet wird, sondern auch Taten folgen. So soll der Rapper XXXTentaction seine „schwangere Freundin wiederholt missbraucht, verprügelt und getreten haben“ (Ibid). Inwiefern derartige Taten auf die Hip-Hop Gruppe aus Hamburg zutreffen, bleibt bislang noch ungewiss. Doch in einem Interview mit Niko BACKSPINN äußerte sich der Rapper Gzuz zu den Sexismus Vorwürfen mit den Worten, dass es einige Frauen gebe die härter genommen werden wollen.
Dass sich Worte nicht nur im luftleeren Raum befinden, sondern auch Reaktionen mit sich bringen, verdeutlicht die Gewalt, die an Frauen ausgeübt wird. Dabei ist die Sprache ein wichtiges Thema, denn sie zeigt den „gesellschaftlichen Umgang mit Gewalt, über Strukturen und Systeme in denen Frauen ausgenutzt diskriminiert und missbraucht werden“(Dörr 2017). Durch Sprache entwickeln wir Bilder und Phantasien entstehen in unseren Köpfen. Im Falle der 187 Straßenbande regt der Inhalt der Texte nur insofern zum Nachdenken an, als dass man sich über die Ignoranz derjenigen wundert, die die Band in das Programm des diesjährigen Asta Sommerfestivals aufnahmen.
Der Asta hat die Aufgabe die Interessen der Studierenden zu vertreten. Meiner Ansicht nach ist er bei der Auswahl des Line-ups dieser Aufgabe nicht nachgekommen, da Frauen ohne sich selbst zu verleugnen zu dieser Band nicht tanzen können.
Mach mit:
Während der dunklen Zeit nach Vereinbarung.
Projektbereich Eine Welt
c/o AStA Uni Paderborn
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E-Mail: vorstand@einewelt.upb.de